Obdachlose und bettelnde Menschen, daneben gediegene Bürgerlichkeit an gedeckten Kaffeetischen, außerdem bunte Tortenseligkeit und glitzernde Statussymbole der Schönen und Reichen. Aber auch verlassene Sessel und umgestürzte Stühle als moderne Vanitas-Symbole.
Die Künstlerin Susanne Müller-Kölmel (Solingen und Düsseldorf) malt in vollen Zügen das Leben. Oder besser die vielen einzelnen Leben in unserer Gesellschaft. Und diese können höchst unterschiedlich verlaufen, sind voller Gegensätzlichkeit und Absurditäten, manchmal auch voller Scham.
In ihrer figurativen und farbenfrohen Malerei bedient sie sich häufig der Darstellung einzelner Gegenstände, um Lebenssituationen, Lebensgefühl und Wertekanon darzustellen, ähnlich der Form eines Stilllebens. Als Malgrund nutzt Müller-Kölmel neben Leinwand auch außergewöhnliche Materialien wie Wellpappe oder Furnier.
Ein besonderes Projekt der Künstlerin ist das Memorial Book Project, für das sie seit 2010 jeden Tag eine kleine Arbeit auf einem ca. 5 Meter langen Papier erschafft, das dann pro Jahrgang als gefaltetes künstlerisches Archiv dient. Daraus sind in der Ausstellung ausgewählte Ausschnitte zu sehen.
„Stille Leben“ präsentiert ein Kaleidoskop vieler Facetten des alltäglichen Lebens. Susanne Müller-Kölmel bereitet den sich abseits der schrillen und oberflächlichen medialen Lebenswelten vollziehenden eher stillen menschlichen Leben eine malerische Bühne.
Frank L. Giesen
zur Vernissage „Stille Leben“ in der Galerie am Stall, 9/2022